
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen eine 80-jährige Ärztin erhoben, die in ihrer Praxis in Grunewald zwischen Januar 2018 und Dezember 2021 unrechtmäßig das Schmerzmittel Tilidin an suchtkranke Patienten verschrieben haben soll. Der Vorwurf umfasst insgesamt 273 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Untreue. Diese schwerwiegenden Anschuldigungen stehen im Zusammenhang mit erheblichem Missbrauch von Betäubungsmitteln, deren Verschreibung strengen Richtlinien unterliegt.
Tilidin ist ein Arzneimittel mit hohem Suchtpotential und darf nur dann verschrieben werden, wenn andere Schmerzmittel nicht mehr wirksam sind. Die tägliche Höchstdosis liegt bei 600 mg, wobei höhere Dosen keinen therapeutischen Mehrwert bieten. Dennoch soll die Ärztin die genannten Medikamente in übersteigenden Mengen ausgegeben haben, was das Suchtverhalten ihrer Patienten möglicherweise gefördert hat. Den gesetzlichen Krankenkassen entstand durch diese unrechtmäßigen Verschreibungen ein Schaden von mindestens 7755,71 Euro, wie Tagesspiegel berichtet.
Ermittlungen und Vorstrafen
Die Ermittlungen gegen die Ärztin dauern bereits seit vier Jahren an und konzentrierten sich auf Angehörige einer polizeibekannten Großfamilie, die offenbar ihre Praxis aufgesucht haben, um verschriebene Rezepte für den Verkauf von Tilidin zu nutzen. Am 26. Mai 2023 wurde der Ärztin die Befugnis entzogen, Betäubungsmittel-Rezepte auszustellen, nachdem sie seit 1979 das Recht hatte, solche Medikamente zu verordnen, wie die Berliner Zeitung feststellt.
Einerseits steht die Anklage im Zusammenhang mit den Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, andererseits hat die Ärztin auch bereits eine Freiheitsstrafe wegen früherer Delikte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erhalten. Im Juli 2024 wurde sie zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Grund hierfür waren unrichtige Gesundheitszeugnisse sowie Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz, berichtet Berliner Zeitung.
Die rechtlichen Implikationen von Tilidin
Tilidin unterliegt dem deutschen Betäubungsmittelgesetz, was für die behandelnden Ärzte und Apotheker erhebliche rechtliche Verpflichtungen bedeutet. Die Herausgabe von Medikamenten wie Tilidin ist stets strafbar, wenn sie nicht ärztlich verordnet wurden. Bei weiteren Verstößen, beispielsweise Abgabe an Minderjährige oder im Zusammenhang mit nicht geringer Menge, drohen hohe Freiheitsstrafen. Darauf verweist auch anwalt.de.
Die Ärzteschaft steht somit vor der Herausforderung, verantwortungsvoll zu handeln und die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Das Beispiel dieser Ärztin zeigt deutlich die schweren Konsequenzen, die bei Missbrauch der Verschreibungspflicht entstehen können. Es gilt die Unschuldsvermutung, bis die rechtlichen Verfahren abgeschlossen sind.