Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat in Dortmund ein dringendes Umdenken in der deutschen Rentenpolitik gefordert. Er schlug vor, das Regelrentenalter schrittweise an die steigende Lebenserwartung anzupassen und vorzeitige Rentenabschläge abzubauen. „Selbst wenn die offizielle Altersgrenze 67 Jahre bleibt, könnte es von Vorteil sein, die Flexibilität zu erhöhen und Anreize zu setzen, damit Arbeitnehmer länger aktiv bleiben“, erklärte Nagel. Diese Position steht im Widerspruch zu den derzeitigen politischen Konsensen, wie sie zuletzt von Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz verkündet wurden, die beide an der aktuellen Regelung festhalten.
Hintergrund zum Fachkräftemangel
Der Aufruf von Nagel erfolgt in einem Kontext, in dem der Fachkräftemangel die deutsche Wirtschaft stark belastet. Er verdeutlichte, dass im Jahr 1974 Männer im Schnitt nur 12,5 Jahre nach ihrem Renteneintritt lebten, während es heute fast 17,5 Jahre sind. Laut Nagel ist der Zustand der heutigen Rentner ebenfalls deutlich besser, was es rechtfertigen könnte, dass sie länger arbeiten. Er warnte jedoch auch vor weiteren strukturellen Herausforderungen, die die deutsche Wirtschaft insgesamt schwächen, einschließlich hoher Energiepreise, der Transformation zur CO₂-Neutralität und globaler wirtschaftlicher Unsicherheiten, wie sie durch den Ukraine-Konflikt verursacht werden.
Nagel äußerte außerdem scharfe Kritik an den bestehenden Bürokratiebelastungen, die insbesondere kleinen Unternehmen das Leben schwermachen. Er bezeichnete Gesetze wie die Lieferkettenverordnung der EU als Beispiele für die Vielzahl an Regelungen, die abzubauen wären, um einen schnelleren wirtschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen. „Eine gemeinsame digitale Lösung wäre wünschenswert“, so Nagel über die Notwendigkeit einer einheitlichen Strategie zwischen Bund und Ländern zur Unterstützung der Digitalisierung in Deutschland. Diese umfassenden Vorschläge verdeutlichen die Dringlichkeit einer Reform der Rentenpolitik, um den Herausforderungen der Zukunft effektiv zu begegnen, wie von Merkur berichtet.
Die Wirtschaftsdebatte wird durch Nagels Aufruf sicherlich an Fahrt gewinnen, denn eine Reform ist nicht nur eine Frage der Sozialpolitik, sondern hat auch weitreichende finanzielle Implikationen für die Bundesrepublik Deutschland. Es bleibt abzuwarten, wie die politischen Entscheidungsträger auf diese Forderungen reagieren werden, und ob sie etwaige Änderungen in der Rentenpolitik ins Auge fassen, was auch, wie Die Spiegel berichtete, Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft haben könnte.