
Die Herausforderungen der pharmazeutischen Industrie in Deutschland sind vielfältig und drängend. Ein zentrales Problem steht im Fokus: die wiederholte Knappheit von Arzneimitteln, die die Gesundheitssysteme unter Druck setzt. Prof. Dr. Dagmar Braun, die Geschäftsführer von Riemser Arzneimittel, bringt in den letzten Jahren immer wieder wichtige Aspekte zur Diskussion. Sie wurde in Niedersachsen geboren, wuchs in Nordhessen auf und zog nach der Wende mit ihrem Mann Norbert nach Vorpommern, wo sie die Firma Riemser übernahmen. Ihr Sohn und ihre Tochter führen nun den Konzern Cheplapharm in Greifswald, der über eine Milliarde Umsatz erzielt. Dies ist ein Beispiel für die dynamische Entwicklung von Unternehmen in dieser Region.
Ein bedeutender Punkt, den Dagmar Braun anspricht, ist die Notwendigkeit, die heimische Industrie zu fördern. Sie kritisiert die hohen Lohnkosten und Umweltauflagen in Deutschland im Vergleich zu Ländern wie China und Indien. Ihrer Meinung nach sollten die Preisvorgaben für bestimmte Produkte überdacht werden. Dies macht deutlich, wie entscheidend verlässliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie sind.
Die Nationale Pharmastrategie als Lösung?
Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, hat das Bundeskabinett am 13. Dezember 2023 die Nationale Pharmastrategie beschlossen. Diese Strategie, die in acht Kapiteln diverse Maßnahmen zur Stärkung und den Ausbau des Innovations- und Produktionsstandortes Deutschland umfasst, soll ein anreizorientiertes Umfeld für Forschung und Investitionen schaffen. Besonders wichtig ist dabei das Medizinforschungsgesetz, das wesentliche Pläne zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für klinische Forschung zusammenfassen soll. Diese Strategie könnte als Antwort auf die Missstände in der Branche gesehen werden, die auch Dagmar Braun bemängelt.
Die Herausforderungen sind jedoch nicht nur wirtschaftlicher Natur. Der Fachkräftemangel ist ein weiteres drängendes Problem. Im Jahr 2023 fehlten branchenübergreifend 176.000 Fachkräfte in der Pharmaindustrie. Diese Lücke bremst die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit erheblich, wie die Bertelsmann Stiftung anführt. Besonders betroffen sind Handwerk, Pflege, Gesundheitsversorgung und MINT-Berufe. Der Mangel an jungen, qualifizierten Nachwuchskräften stellt ein erhebliches Risiko für die Zukunft der Branche dar.
Von der Vergangenheit in die Zukunft
Prof. Dr. Dagmar Braun und ihr Mann Norbert stehen stellvertretend für die Herausforderungen und Chancen, die die Branche prägen. Ihre Entscheidung, nach Vorpommern zu ziehen und die Riemser Arzneimittel zu übernehmen, bewerten sie als die beste ihres Lebens. Gerade in Vorpommern, wo eine kinderfreundliche Umgebung und kurze Wege zu Verwaltung und Politik bestehen, zeigt sich das Potenzial der Region für aufstrebende Unternehmen. Das kürzlich gegründete Bioökonomie-Zentrum in Murchin, das einen alten Schlachthof saniert, fördert Startups und kleine Unternehmen. Dadurch wird erneut unterstrichen, wie wichtig die Unterstützung für die lokale Wirtschaft ist.
Daher ist es auch von Bedeutung, die Entwicklungen in der Pharmastrategie und die anstehenden Veränderungen im Gesundheitssystem gleichzeitig zu betrachten. Zudem birgt die Qualität von Medikamenten aus Asien sowohl Chancen als auch Risiken, die Braun thematisiert.
Die Pharmaindustrie in Deutschland steht also vor einem Umbruch. Während die Nationale Pharmastrategie als Lösung in Sicht ist, bleibt abzuwarten, ob die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden können, um die Innovationskraft zu stärken und die Herausforderungen des Fachkräftemangels zu bewältigen. Die kommenden Jahre könnten entscheidend sein für den Gesundheitsstandort Deutschland.
Bedarf und Qualifikation müssen Hand in Hand gehen. So bleibt die Frage, ob der deutsche Gesundheitssektor in der Lage sein wird, den Spagat zwischen Kosten, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit erfolgreich zu meistern. Es bleibt zu hoffen, dass die Veränderungen, die sich anbahnen, sowohl der Industrie als auch den Patienten zugutekommen werden.
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