Rodgau – In einem aufsehenerregenden Prozess vor der 19. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt entblößte ein 51-jähriger Bauunternehmer die schmutzigen Geheimnisse der Bauwirtschaft. Dieser gab zu, über Jahre hinweg Angestellte schwarz bezahlt und somit Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1,364 Millionen Euro sowie 252.000 Euro an Lohnsteuern hinterzogen zu haben. Darüber hinaus wurden 335.000 Euro, die in eine Versorgungskasse hätten eingezahlt werden müssen, nicht abgeführt, wie op-online.de berichtet. Der Angeklagte erklärte, dass der harte Preiskampf ihn zwinge, Überstunden im Verborgenen zu vergüten, was ihm das Überleben in einer von Konkurrenz geprägten Branche ermögliche.
Der Prozess offenbarte eine betrügerische Masche, in die sogenannte „Servicegesellschaften“ verwickelt sind. Diese Firmen stellen Scheinrechnungen aus, wodurch der Bauunternehmer 20.000 Euro zahlt, aber nur 18.000 Euro in bar übergibt. Der Rest bleibt im Dunkeln. Die Vorsitzende Richterin Dr. Melanie Rillig konfrontierte den Unternehmer mit den Vorwürfen und stellte fest, dass nahezu alle geschätzten Arbeiten über diese Unternehmen schwarz abgerechnet worden seien. Der Angeklagte gestand die Unregelmäßigkeiten ein und wurde von seinem Anwalt gegenüber dem Gericht als mittlerweile umsichtiger Geschäftsmann präsentiert, der sich strikt an gesetzliche Vorgaben halte. Dennoch bleibt die Frage, ob die oftmals undurchsichtigen Finanzstrukturen der Bauwirtschaft auch zukünftig ein Einfallstor für illegale Praktiken bieten, wie in einem Dokument der Leopoldina erwähnt wird, das die Schwierigkeiten in der Branche beleuchtet (leopoldina.org).