Mohamed Amjahid blickt auf eine wechselvolle Beziehung zu Berlin zurück. Der Autor der Bücher „Unter Weißen“ und „Der weiße Fleck“ hat sein neuestes Werk „Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt“ veröffentlicht, in dem er sich intensiv mit dem Thema Polizeigewalt in Deutschland auseinandersetzt. Seit seinen Studententagen in Berlin, wo er an der Freien Universität studierte, fühlt er sich mit der Stadt verbunden. Diese anfängliche Begeisterung hat jedoch einen Schatten geworfen, da Amjahid nun in Neukölln lebt und sich Sorgen um seine Sicherheit macht. Seine Recherchen zu rechtsextremen Netzwerken innerhalb der Polizei haben ihn vorsichtiger werden lassen.
In seinem Buch kritisiert Amjahid, dass die Gentrifizierung in Neukölln oft überbewertet wird. Er ist der Überzeugung, dass die tatsächlich vorhandenen Probleme nicht so negativ wahrgenommen werden sollten, wie sie vielfach dargestellt werden. Zugleich plädiert er gegen eine Haltung des Stadtteilpatriotismus, die seiner Meinung nach die eigentlichen Probleme der Stadt verkennt. Ein Zeichen dafür, dass er die Dinge differenziert betrachtet, ist, dass er Neukölln als den besten Stadtteil Berlins bezeichnet, auch wenn er im Regierungsviertel seine persönliche No-go-Area sieht.
Rassismus und Polizeigewalt
Mohamed Amjahid thematisiert in seinen Arbeiten den alltäglichen Rassismus, den er in Berlin als besonders ausgeprägt empfindet. Dies spiegelt sich auch in der allgemeinen Wahrnehmung von Polizeigewalt wider. In Deutschland wird häufig die Ansicht vertreten, dass es kein systemisches Rassismusproblem gibt, sondern dass rassistische Gewalttaten lediglich von „Einzeltätern“ begangen werden. Diese Sichtweise blendet jedoch die Realität struktureller Diskriminierung und institutionalisierter Gewalt aus, wie sie in den Berichten der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) dokumentiert ist. Racial Profiling, die unrechtmäßige Kontrolle von Personen aufgrund ihrer vermuteten Herkunft, ist dabei eine gängige Praxis.
Die gesellschaftliche Verleugnung von Rassismus führt dazu, dass die Notwendigkeit, institutionellen und systemischen Rassismus zu untersuchen, nicht hinreichend erkannt wird. Amjahid ist sich dieser Herausforderungen bewusst und fordert einen offenen sowie ehrlichen Umgang mit den Erfahrungen der Betroffenen. „Die Perspektiven der Betroffenen müssen gehört und ernst genommen werden“, so betont er. Dies sei unerlässlich, um die tiefsitzenden Probleme innerhalb der Polizei anzugehen.
Essen und Kultur in Berlin
Trotz seiner kritischen Sicht auf die Stadt hat Amjahid auch seine Lieblingsorte in Berlin. Besonders begeistert ist er von verschiedenen Kuchenläden und empfiehlt das Lon Men’s Noodle House sowie ein jemenitisches Restaurant für gesellige Abendessen mit Freunden. Er ist ein Fan von Supermärkten und Wochenmärkten, wo er neue Produkte ausprobiert, und kritisiert gleichzeitig die Unzuverlässigkeit des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt.
Wenn er neuen Bewohnern Berlins einen Rat geben könnte, wäre es, nicht nur die Metropole selbst, sondern auch andere Städte in Betracht zu ziehen. Die Wohnungssuche ist schwierig und er mahnt dazu, realistische Erwartungen zu haben.
Insgesamt zeigt Amjahids Leben und Werk, wie vielschichtig die Erfahrungen in einer Stadt sein können, die in einem ständigen Wandel begriffen ist. Seine kritische Auseinandersetzung mit Themen wie Rassismus und Polizeigewalt wird ergänzt durch persönliche Einblicke in das Leben in Berlin, die sowohl problematisch als auch bereichernd sind.