
Am Mittwochabend hat die Polizei den von propalästinensischen Aktivisten besetzten Emil-Fischer-Hörsaal der Humboldt-Universität in Berlin geräumt. Der Einsatz begann gegen 20.30 Uhr und war bald abgeschlossen. Als sich die Polizei Zugang zum Gebäude verschaffte, setzten die Beamten Rammböcke ein. Rund 300 Polizeibeamte waren an dem Einsatz beteiligt. Ursprünglich hatte die Polizei von etwa 100 besetzenden Personen gesprochen, tatsächlich hatten sich jedoch rund 60 Aktivisten in dem Saal verbarrikadiert.
Die Besetzung des Hörsaals wurde gegen 14 Uhr begonnen. Das Präsidium der Universität hatte die Polizei zuvor um die Räumung gebeten, nachdem es Anzeichen für eine drohende Ausreise von vier Personen gab, die in Verbindung mit früheren Besetzungen an der Freien Universität stehen. Diese Personen wurde vorgeworfen, Mitarbeiter bedroht zu haben. Während der Besetzung wurden Parolen wie „Yallah Intifada“ und „Zionisten sind Faschisten“ an die Wände gesprüht. Vermummte Aktivisten spannten auch antisemitische Banner aus den Fenstern des Hörsaals, was zu verstärkten Spannungen führte.
Reaktionen und Ermittlungen
Im Zuge der Räumung wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet. Weitere Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruchs sind in Planung. Einzelne Festnahmen führten zu Widerstand, wobei mindestens eine Person ins Krankenhaus transportiert werden musste. Vor dem Gebäude hatten sich bis zu 50 Demonstranten versammelt, die mit Rufen wie „Viva Viva Palästina“ auf ihre Forderungen aufmerksam machten.
Die Polizei ging in mehreren Fällen mit Gewalt gegen die Demonstrierenden vor und verhinderte gegebenenfalls das Nachströmen von Personen in das Gebäude. Das Geschehen erregte nicht nur in Berlin, sondern auch deutschlandweit großes Aufsehen und wurde in sozialen Medien teilweise durch antisemitische Schmierereien und antiisraelische Äußerungen weiter verbreitet. Die Ausschreitungen fanden zeitgleich mit einer breiten internationalen Protestbewegung statt, die in mehreren Ländern, darunter auch in Deutschland, aktiv ist.
Kontext der Besetzung
Die Besetzung des Emil-Fischer-Hörsaals ist Teil einer größeren Bewegung, die im Mai 2023 begann. Damals wurde der Hörsaal ebenfalls besetzt, allerdings durch ein breites Klima-Bündnis, unterstützt von Organisationen wie EndFossil und GenugIstGenug!. Forderungen beinhalteten die Verbindlichkeit des HU Klimaschutzkonzepts und eine Überarbeitung der Zivilklausel. Eine ähnliche Besetzung fand im November 2022 an der TU Berlin statt. Der Appell an die Universitätsleitung und die Polizei lag darin, die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.
Aktuelle Diskussionen rund um Klimagerechtigkeit und soziale Ungleichheit sind von großer Bedeutung. Die Notwendigkeit, auf die Bedürfnisse von Studierenden und der breiten Bevölkerung einzugehen, unterstreicht eine tiefer liegende soziale Problematik, die durch die Besetzung sichtbar wurde. Klimagerechtigkeit umfasst in diesem Zuge sowohl die gerechte Verteilung von Ressourcen als auch die Berücksichtigung historischer Verantwortung für den Klimawandel, insbesondere durch Länder des Globalen Nordens, wie Deutschland.
Der Vorfall an der Humboldt-Universität deutet auf die Spannungen hin, die in der Gesellschaft bezüglich der politischen und sozialen Themen existieren. Während die Polizei und die Universitätsleitung die Ordnung aufrechterhalten wollen, fordern Aktivisten etliche Veränderungen in der Hochschulpolitik und im Umgang mit sozialen Ungerechtigkeiten.
Für weitere Informationen zu den Hintergründen der Besetzung und den Reaktionen von seiten der beteiligten Organisationen, siehe Tagesspiegel und Refrat.