Am 8. Februar um 19:30 Uhr feiert der multimediale Schauspielthriller „ANNA“ im Schauspielhaus Neubrandenburg seine Premiere. Das Stück, das aus der Feder der britischen Dramatikerin Ella Hickson stammt, wird vom renommierten Regisseur Walter Meierjohann inszeniert. Die Zuschauer erleben die Handlung durch Kopfhörer aus der Perspektive der Hauptfigur Anna, wodurch die Grenzen zwischen Gegenwart und Vergangenheit verschwimmen. Dieses theatralische Experiment thematisiert die komplexen Fragen der Vergangenheitsbewältigung und der Erinnerungskultur in Deutschland.
Die Handlung des Stücks ist im Februar 1968 angesiedelt, in einer Neubauwohnung am Berliner Leninplatz. Die Feier zur Beförderung von Annas Ehemann Hans wird abrupt gestört, als sein neuer Chef auftaucht. Bedrohliche Geister der Vergangenheit erheben sich, während ein Agent plant, Anna nach Paris zu entführen – eine Situation, die sich mit den Bestrebungen der Staatssicherheit verwebt, diesen Spion zu überführen. Das Publikum wird dabei zum Zeugen eines operativen Vorgangs der Staatssicherheit und erfährt viel über die Herausforderungen, die mit der deutschen Geschichte, insbesondere dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg, verbunden sind.
Einblick in die Machart des Stücks
Die Inszenierung, die von Walter Meierjohann geleitet wird, verbindet innovative Theaterformate mit einem tiefgründigen historischen Kontext. Das Bühnen- und Kostümbild stammt von Steffi Wurster, während das Sounddesign von Daniel Wolff gestaltet wurde. Dramaturgisch unterstützt von Christine Boyde, beleuchtet das Stück facettenreiche Geschichten über Angst, Macht und das Streben nach Freiheit. Die Darsteller Lisa Scheibner, Christian Ehrich und Barbara Schnitzler bringen die komplexe Dramaturgie zum Leben.
Die Uraufführung von „ANNA“ fand am 21. Mai 2019 im Dorfman Auditorium des National Theatre in London statt. Hickson, die 1985 geboren wurde, ist für ihre internationalen Aufführungen und zahlreiche Auszeichnungen bekannt. Ihr Werk basiert auf dem Buch „STASILAND“ von Anna Funder, das 2002 veröffentlicht wurde. Funder, die in Melbourne geboren wurde und in Berlin lebte, behandelt in ihren Erzählungen oft Themen wie Mut und die Mechanismen, die Machtmissbrauch ermöglichen.
Ein faszinierender historischer Kontext
Anna Funder hat in ihrer Arbeit die Geschichten der Opfer aus dem Stasi-Überwachungsstaat und dem nationalsozialistischen Deutschland erzählt, überzeugt davon, dass akademische Analysen oft den emotionalen Kern dieser Erlebnisse nicht erfassen können. Ihre Werke, wie „Stasiland“, das mit dem Samuel Johnson Prize ausgezeichnet wurde, beschäftigen sich profund mit der Courage einfacher Menschen und den Schatten der Geschichte. Funder, die an der University of Melbourne und der Freien Universität Berlin studierte, zeichnet eine dichte Verbindung zwischen persönlicher Geschichte und der kollektiven Erinnerung der Gesellschaft.
Zusätzlich zu den Premiere-Daten sind weitere Aufführungen des Stücks geplant: am 13. Februar, 4. März, 7. März, 23. März und 17. April, jeweils um 19:30 Uhr. Auch eine Matinee am 26. Januar um 11 Uhr mit freiem Eintritt bietet die Möglichkeit, das Regieteam und die Ensemblemitglieder kennenzulernen.
Die Jury des Max-Herrmann-Dissertationspreises würdigte kürzlich die Dissertation von Dr. Christina Vollmert-Boldt, die sich mit der „Szenen bürgerlicher Festkultur“ beschäftigt. Diese Preisverleihung zeigte auch, wie wichtig die Theaterwissenschaft für die Analyse und das Verständnis ethischer und historischer Dimensionen im Theater ist, was sich auch in der Inszenierung von „ANNA“ widerspiegelt.
Funder thematisiert in ihren Geschichten die Parallelen zwischen der Geschichte des Dritten Reiches und der deutschen Teilung, ein Aspekt, der auch in „ANNA“ aufgegriffen wird, und verdeutlicht damit die fortwährende Relevanz dieser Themen in der heutigen Zeit.
Für Theaterfreunde und Geschichtsinteressierte bietet die Eröffnungsaufführung von „ANNA“ nicht nur ein aufregendes Erlebnis, sondern auch einen tiefen Einblick in die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene.