
In Berlin fordern drei Gesundheitsstadträte ein umfassendes Handyverbot an Schulen. Gordon Lemm aus Marzahn treibt die Initiative voran und erhält Unterstützung von Caroline Böhm aus Steglitz-Zehlendorf sowie Oliver Schworck aus Tempelhof-Schöneberg. Sie argumentieren, dass die Nachteile der unkontrollierten Smartphone-Nutzung die Vorteile überwiegen. Dabei stellen sie vor allem psychologische, gesundheitliche und soziale Risiken in den Vordergrund. Insbesondere Cybermobbing, „Happy Slappings“ und der Konsum gewaltverherrlichender sowie pornografischer Inhalte haben besorgniserregende Dimensionen angenommen.
Laut einer Umfrage der Barmer Krankenkasse aus Oktober 2024 gaben fast 40 Prozent der Schüler an, Opfer von Cybermobbing zu sein. Mehr als die Hälfte dieser Betroffenen fühlte sich stark belastet, während knapp ein Viertel bereits Selbstmordgedanken äußerte. Zudem zeigen Statistikdaten, dass 28 Prozent der 6- bis 10-Jährigen ohne elterliche Aufsicht im Internet unterwegs sind und Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren im Schnitt 201 Minuten täglich online verbringen. Einige Schulen praktizieren bereits Handyverbote, doch die Umsetzung gestaltet sich als schwierig.
Forderungen an die Bildungspolitik
Die Gesundheitsstadträte fordern ein generelles Verbot für alle Schulformen, einschließlich Ober- und berufsbildender Schulen. „Wir möchten einen Rückzugsort für Schüler schaffen und die psychosoziale Entlastung fördern“, so Lemm. Dabei solle das Verbot nicht im Widerspruch zur Förderung der Medienkompetenz stehen, sondern diese vielmehr unterstützen. Die Verantwortung für die gesunde Entwicklung von Kindern liege sowohl bei den Eltern als auch beim Gesetzgeber.
Zusätzlich wurde die Notwendigkeit erörtert, dass Schüler lernen, verantwortungsbewusst mit Technologien umzugehen. Eine aktuelle Studie der Universität Augsburg, die im Fachjournal Education Sciences veröffentlicht wurde, untersucht die Auswirkungen eines Handyverbots auf das soziale Klima und die Lernleistungen in Schulen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine solche Maßnahme positive Effekte auf das soziale Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern hat. In Ländern wie Frankreich und Italien sind Handys bereits seit längerem in Schulen verboten. Auch in Großbritannien und den Niederlanden wurden ab 2024 ähnliche Verbote in Kraft gesetzt.
Relevante Studien und deren Erkenntnisse
Die Forschung verdeutlicht, dass sichtbare Handys im Unterricht die Konzentration und Lernprozesse erheblich beeinträchtigen können. Zudem können sie das soziale Klima durch Cybermobbing negativ beeinflussen. Eine Übersichtsstudie, die auf fünf große internationale Studien verweist, bestätigt, dass ein Handyverbot die Ablenkung im Unterricht reduziert und zu einer Verbesserung der sozialen Interaktion führt. Hamburger Schulleiter berichten von einer angenehmeren Atmosphäre und mehr Interaktion unter Schülern, nachdem ein Verbot eingeführt wurde.
Allerdings weisen Experten darauf hin, dass ein rein technisches Verbot ohne pädagogische Begleitung nur bedingt wirksam ist. Es sei wichtig, Lernmaßnahmen zur Medienkompetenz zu integrieren und Smartphones gezielt als Unterrichtselement zu nutzen. Die Notwendigkeit von pädagogischen Maßnahmen wird besonders für ältere Schüler betont, die verantwortungsvoll mit Smartphones umgehen sollten.
Zusammenfassend wird deutlich: Die Diskussion um ein Handyverbot an Schulen ist vielschichtig. Maßnahmen alleine genügen nicht, um die besorgniserregenden Probleme zu lösen. Die Kombination aus Verbot und Medienerziehung könnte der Schlüssel zu einem besseren sozialen Klima und verbesserten Lernleistungen sein. Die Bildungspolitik ist gefordert, klare Regelungen zu schaffen, während Schulen die Verantwortung übernehmen müssen, ein sicheres Lernumfeld zu gewährleisten.