
Ein erschütternder Vorfall ereignete sich in der Nacht von Freitag auf Samstag im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Ein obdachloser Mann wurde gegen Mitternacht von mindestens vier Personen in die Spree geworfen, wie tagesspiegel.de berichtet. Der 42-Jährige hatte in einem Park an der Mühlenstraße übernachtet, als die Angreifer ihn packten und zur Uferkante zogen, bevor sie ihn ins Wasser schubsten.
Glücklicherweise halfen einige Unbekannte dem Mann, aus der Spree zu gelangen. Er wurde schließlich zur Wache der Bundespolizei am Ostbahnhof gebracht, wo er ambulante Versorgung von Rettungskräften erhielt. Die Kriminalpolizei hat nun die Ermittlungen zu diesem gewaltsamen Übergriff übernommen. Solche Angriffe auf Obdachlose sind erschreckend häufig. Im Jahr 2024 wurden in Berlin 506 Gewaltdelikte gegen Obdachlose registriert, was einen Anstieg um 61 Fälle im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.
Gewalt gegen Obdachlose in Berlin
Die Zunahme der Gewalt gegen obdachlose Menschen in Berlin ist besorgniserregend. Laut einer parlamentarischen Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Anne Helm stiegen die Gewaltvorfälle von 441 in 2023 auf 506 im Jahr 2024. Diese Vorfälle werden häufig dem Bereich „Hasskriminalität“ zugeordnet. Die häufigsten Arten von Gewalt im Jahr 2024 umfassten:
- 241 Fälle von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung
- 166 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung
- 114 Vorfälle auf öffentlichen Straßen und Plätzen
- 3 Fälle von Mord und Totschlag
- 13 Vergewaltigungen (12 Frauen, 1 Mann)
- 5 Fälle von sexueller Belästigung
- 35 Raubfälle
Die meisten dieser Gewaltvorfälle fanden in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf statt. Gleichzeitig berichtete Barbara Breuer von der Berliner Stadtmission, dass etwa 70% der obdachlosen Menschen in Berlin mit psychischen Erkrankungen leben, was zu Gewaltreaktionen führen kann. Misstrauen gegenüber der Polizei verstärkt das Problem, da vielen Obdachlosen der Zugang zu Hilfe und Unterstützung erschwert wird.
Die Situation der Obdachlosen in Berlin
In Berlin leben schätzungsweise bis zu 10.000 Menschen auf der Straße. Trotz der hohen Anzahl an obdachlosen Menschen setzt der Senat auf den „Housing First“-Ansatz, um diese Problematik zu bekämpfen. Dieses Konzept, das in den USA entwickelt wurde, sieht vor, obdachlosen Menschen Wohnraum ohne Vorbedingungen, wie z. B. Entzug bei Suchtproblemen, zu vermitteln. Seit 2018 gibt es in Berlin mehrere dieser Projekte, wo bis Ende 2023 rund 60 Obdachlose in Tiny Houses untergebracht werden konnten.
Allerdings steht dieses Modell vor Herausforderungen. Corinna Müncho, Projektleiterin von „Housing First Berlin“, hebt hervor, dass die Bereitstellung ausreichender Wohnungen entscheidend für den Erfolg des Programms ist. Zudem ist die Finanzierung durch das Land Berlin mit jährlichen Zuwendungen in Höhe von 6,1 Millionen Euro für den Doppelhaushalt 2022/2023 begrenzt, und die zukünftige Finanzierung ist abhängig von politischen Entscheidungen.
Nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) lebten 2022 in Deutschland etwa 607.000 Menschen ohne festen Wohnsitz. Diese Zunahme der Obdachlosigkeit macht sich auch in Berlin bemerkbar. Es ist dringend erforderlich, effektive Maßnahmen zur Unterstützung wohnungsloser Menschen zu ergreifen, insbesondere angesichts der oft gewalttätigen Übergriffe, denen sie ausgesetzt sind.